Lucius Licinius Murena und seine Wahl

Fall:

Nachdem Lucius Licinius Murena als Propraetor in der Provinz Asia tätig war, kehrt er 63 v. Chr. nach Rom zurück und wird dort vom Volk als Feldherr gefeiert [1]. Bei der Wahl zum Konsulat 62 ziehen die Wähler ihn dem Servius Sulpicius Rufus vor, der daraufhin Anklage gegen Murena erhebt, da er sich um das Amt gebracht sieht, welches ihm durch seinen Fleiß, seine Abstammung und seine charakterliche Eignung zusteht [2]. Murenas Beliebtheit und sein Wahlsieg trotz seiner langen Abwesenheit von Rom und seiner plebejischen Herkunft deuten Sulpicius’ Ansicht nach darauf hin, dass es sich um Wahlbetrug gehandelt haben muss.

Der Anklage schließt sich Marcus Porcius Cato Uticensis an, der vorab angekündigt hatte, jeden Bewerber, der mutmaßlich unlautere Mittel einsetzen würde, vor Gericht zu zerren [3].

Fürsprecher des Murena sind Marcus Licinius Crassus, Quintus Hortensius Hortalus und Marcus Tullius Cicero, welcher zu diesem Zeitpunkt das Amt des Konsuls inne hat, in seiner Amtszeit ein Antikorruptionsgesetz verfasst hat und nun unter Bedrohung seiner Glaubwürdigkeit selbst einen mutmaßlichen Betrüger verteidigt [4]. Seine Rede geht auf die von Crassus und Hortalus vorgetragenen Inhalte ein, deren Reden nicht erhalten sind, und geben Aufschluss über die Person Murena, deren Leben sonst weitgehend unbekannt ist, und die nach Ciceros Meinung eigentlichen Gründe für dessen Wahlsieg, immer in der Absicht die Tadellosigkeit seines Charakters herauszustellen.

Schlussendlich wird Murena von den Richtern, zusammengesetzt aus Senatoren, Rittern (equites) und Aerartribunen (tribuni aerarii) [5], aus verschiedenen Gründen freigesprochen und er kann zusammen mit seinem ebenfalls gewählten Mitbewerber Decimus Iunius Silanus das Konsulat aufnehmen.

Zumal – wie auch der persönliche Stil der Rede nahelegt – ein Mann der Tat vor Gericht allgemein mehr Zuspruch zu erwarten hat, als ein Bürokrat, wird die Stabilität Roms durch Catilina bedroht, sodass der Zeitpunkt zur Verurteilung eines designierten Konsuls denkbar schlecht ist. [6]



[1] Vgl. Pauly, referenceworks.brillonline.com/entries/der-neue-pauly/licinius-e704320#e704710
[2] Vgl. Adamietz, S. 4
[3] Vgl. ebd, S. 1, Z. 17ff
[4] Vgl. ebd, S.13
[5] Vgl. ebd, S. 30
[6] Vgl. ebd, S. 1 u. MacDonald, S.182-184

Handout:

murena.doc (84480)
 

Quellen:

  • In Catilinam I-IV – Pro Murena – Pro Sulla – Pro Flacco
    Marcus Tullius Cicero, (Übers. v. C. MacDonald), Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts), 3. Auflage, 1996

Literatur:

  • Pro Murena
    Marcus Tullius Cicero, (Hrsg. und Komm. v. Joachim Adamietz), Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt, 2. Auflage, 1996
  • In Catilinam I-IV – Pro Murena – Pro Sulla – Pro Flacco
    Marcus Tullius Cicero, (Übers. v. C. MacDonald), Harvard University Press, Cambridge (Massachusetts), 3. Auflage, 1996
  • Der Neue Pauly Online
    https://referenceworks.brillonline.com/browse/der-neue-pauly