Provocatio

(von lat. provocare, 'hervor-, herbeirufen'). P. bezeichnet das Recht eines jeden röm.
Bürgers, gegen die magistratische Zwangsgewalt ( coercitio ), die Leib oder Leben
bedroht, das Volk anzurufen (p. ad populum). P. galt in der röm. Republik als Bastion
bürgerlicher Freiheit (Cic. de orat. 2,199). In den Ständekämpfen polit. Mittel gegen die
Willkür patrizischer Imperiumsträger (Consul, Praetor), wurde die p. 300 v. Chr. durch
die lex Valeria rechtlich sanktioniert. Sie sollte wohl eine Verhandlung vor dem Volk
herbeiführen (vgl. [6] gegen [1]). Ihre Mißachtung galt jedoch nur als improbe factum
('Ungehörigkeit') und unterlag damit nicht einer eigentlichen Bestrafung; doch lief der
betroffene Magistrat Gefahr, nach seiner Amtszeit zur Rechenschaft gezogen zu werden [1].
Zunächst war p. auf stadtröm. Gebiet (domi) beschränkt, im 2. Jh. v. Chr. wurde sie dann
auf den Bereich außerhalb des pomerium (militiae), bes. die Provinzen, ausgedehnt. Im
mil. Bereich hat es p. dagegen nicht gegeben [2]. Das ius provocationis
(Provokationsrecht) wurde auch Fremden verliehen (lex Acilia repetundarum: CIL I2 583).
Im Prinzipat stand auf Mißbrauch magistratischer Koerzition die Todesstrafe

(Paul.5,26,1; Dig. 48,6,7).
de Libero, Loretana (Hamburg)

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