Licinius Crassus, Marcus

[I 11] L. Crassus, M. Consul zusammen mit Pompeius 70 und 55 v. Chr., Feldherr

Geb. 115 v.Chr. als Sohn des L. [I 15]. Erste mil. Erfahrung im Bundesgenossenkrieg [...] (91-89). Nach der Machtübernahme durch L. Cornelius [I 18] Cinna floh L. Crassus (=C.) - ein Bruder war zuvor getötet worden, der Vater hatte den Freitod gesucht (Liv. per. 80; aber Plut. Crassus 4: Hinrichtung) - 85 nach Spanien. Er bildete dort ein Freikorps, setzte nach Africa über und schloß sich 83 L. Cornelius [I 90] Sulla an, den er in der Schlacht an der Porta Collina (1.11.82) aus prekärer Situation rettete (Plut. Crassus 6). Den Grundstein für sein sprichwörtlich (Cic. Att. 1,4,3) großes Vermögen (aus einem Erbe von 300 machte er, so Plut. Crassus 2, eine Hinterlassenschaft von 7100 Talenten = 42600000 Denare; nach Plin. nat. 33,134 hatte allein der Grundbesitz einen Wert von 50 Millionen Denaren) legte er in den anschließenden Proskriptionen ( proscriptio ). Er bereicherte sich trotz der ihm von Sulla ohnehin eingeräumten Sonderbedingungen (Sall. hist. 1,55,18f. M.) derart schamlos (u.a. proskribierte er in Bruttium auf eigene Rechnung; vgl. Cic. Att. 1,16,5; zur Anspielung s. [1; 2]), daß selbst der Dictator ihn fallen ließ. Hohe Mietgewinne erzielte C., indem er an Stelle billigst erworbener abgebrannter Häuser in Rom neue Mietskasernen durch eigene Bauhandwerker errichten ließ. ‘Mit Feuer und Krieg’ habe C. sein Vermögen zusammengerafft, formuliert Plutarch (Crassus 2).

Zwischen Optimaten und Popularen lavierend (Sall. hist. 3,48,8 M.: factio media), konnte er sich durch Patronatstätigkeit aus der polit. Isolierung lösen, zwischen 77 und 73 bekleidete er Quaestur, Aedilität und Praetur. 72 erhielt er ein proconsularisches Imperium, um den 73 ausgebrochen Sklavenaufstand [...] niederzuschlagen. Im Frühjahr 71 konnte er Spartacus in Lukanien besiegen, 6000 Sklaven wurden entlang der Via Appia gekreuzigt (Plut. Crassus 8-11; [3]). Der mühevolle Sieg brachte C. eine ovatio und 70 zusammen mit Pompeius das Konsulat (Wiederherstellung des Volkstribunats, Wiedereinsetzung der equites in die Gerichtshöfe).

Gegenüber seinem Kollegen vermochte er sich nicht durchzusetzen, und trotz der Censur von 65 blieb er ohne großen Einfluß. Er näherte sich Caesar, in dem er offenbar früh den kommenden Mann erkannte, verwickelte sich 65 in die sog. erste Catilinarische Verschwörung und unterstützte zusammen mit Caesar Catilina (gegen Cicero) bei den Wahlen von 64 [4]. Die gemeinsame Kompromittierung nach dem Scheitern der “Verschwörung” intensivierte 62 die Zweckfreundschaft mit dem hoch verschuldeten Caesar, den er auch als Verbündeten gegen Pompeius benötigte und deshalb mit Geld und Bürgschaft unterstützte.

E. 60/Anf. 59 (vgl. Cic. Att. 2,9,2) verständigten sich Pompeius, Caesar und C. in einem Geheimbund, der später irreführend als “(erstes) Triumvirat” bezeichnet wurde, darauf, ihre widerstreitenden Interessen gemeinsam gegen die Senatsmehrheit durchzusetzen (Suet. Iul. 19,2). C. versuchte dabei, sich als Fürsprecher der equites, und unter ihnen insbesondere der publicani, zu profilieren. Ein mit Hilfe des Consuls Caesar verwirklichtes Gesetz (lex Iulia de publicanis) brachte denjenigen von ihnen, die sich bei der Ersteigerung der asiatischen Pacht verspekuliert hatten, einen Pachtnachlaß von einem Drittel [5. 100ff.], C. aber neben hohem Ansehen bei seiner Klientel enorme Gewinne, denn er besaß zahlreiche (“stimmrechtlose”) Anteile (partes) an den Pachtgesellschaften (societates). Spätestens 58 brachen die alten Zwistigkeiten zwischen Pompeius und C. (sowie Clodius [I 4]) wieder aus; erst 56 konnte Caesar vermitteln [6. 330ff.; 7. 115ff.]. In Luca einigte sich das “dreiköpfige Ungeheuer” (App. civ. 2,33) auf eine Erneuerung des Bündnisses und verteilte Ämter und Provinzen. Durch Wahlmanipulation brachten Pompeius und C. das Konsulat des J. 55 an sich; letzterer erhielt die Provinz Syria auf fünf J. Um sein Ansehen (dignitas) zu mehren und sich gegen die anderen Triumvirn zu behaupten, plante C. einen Feldzug gegen die Parther (Ermächtigung zur Kriegserklärung durch die lex Trebonia). Im Winter 55/4 brach er in den Osten auf, rüstete 54 in Syrien, überschritt im April 53 mit sieben Legionen den Euphrat und wurde im Mai von den Parthern südlich von Carrhae geschlagen [8]. Die Sieger stellten den zunächst geflohenen C. und hieben ihm Kopf und Hand ab. Auch das Urteil der Nachwelt über den Militär, Politiker und Menschen C. fiel vernichtend aus.